Der Triumphator … Die Blériot XI
Vom Original zum Modell
Ein eigenständiger Teil der Sammlungen des Luftfahrtmuseums Hannover-Laatzen sind die mehr als 1.000 Maßstabsmodelle, vornehmlich der internationalen Standards 1/72 und 1/48.
Solch originalgetreuen Miniaturen ermöglichen Betrachtern musealer Technikgeschichte den „Überblick“, nicht allein auf das einzelne Exponat (mitunter sogar als einzige Möglichkeit der dreidimensionalen Schau, wenn es kein erhaltenes Original mehr gibt), sondern auch auf Entwicklungslinien des Flugzeugbaus durch hier mögliche Reihung und Gegenüberstellung; manchmal schließen sie sogar Lücken in der Präsentation der Originale. Ihre kunsthandwerkliche Qualität allein ist ein Schauvergnügen.
Heute stellen wir Ihnen in unserer Reihe ´Modell des Monats´ die französische Blériot XI vor, mit dem ersten Überflug des englischen Kanals ein Klassiker der Luftfahrt und mit über 800 Exemplaren einst einer der meistgenutzten Typen weltweit.
Das Modell: Filigranes Kunstwerk
Erbauer des 1/72-Kits ist Michael Klinger aus Hamburg, in seiner Blériot XI verbinden sich Flugzeugmodellbau und Kunsthandwerk. Auf der Grundlage eines Bausatzes der russischen Firma NOVO, welcher wiederum auf den Formen des britischen FROG-Kit von 1965 basierte, schuf er bereits 1979 mit erheblicher Überarbeitung und auch Eigenbau wesentlicher Teile dieses verblüffend authentische Modell. Die Verspannung wurde aus gezogenem Gußgrat erstellt.
Das Original: Triumph der Technik
Der französische Unternehmer, Pilot und Luftfahrtpionier Louis Blériot (1872-1936) entwickelte ab 1906 Eindeckerflugzeuge, führte 1908 den ersten erfolgreichen Überlandflug (14 km von Toury nach Artenay in 11 min) durch, und überquerte mit seiner einsitzigen und einmotorigen Konstruktion „Blériot XI“ am 25. Juli 1909 in 37 min als erster den Englischen Kanal im Flug: Ein Meilenstein der Luftfahrt. (Und übrigens Inspiration für den – historisch sehr freien – Spielfilm „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ von 1965; immer noch charmant und witzig!)
Der Inhaber des französischen Pilotenscheins Nr. 1 erreichte 1910 dann auch als erster Flieger eine Geschwindigkeit von 100 km/h. Das von ihm gegründete Flugzeugwerk Blériot Aéronautique S.A. baute im ersten Weltkrieg vor allem die sehr erfolgreichen Jagdflugzeuge der SPAD-Reihe, nach dem Krieg Militär- und Sportmaschinen.
Tatsächlich war die „XI“ nicht nur ein Rekordflugzeug, sondern auch der Durchbruch für die konstruktive Idee des Eindeckers – und der Wendepunkt in Blériots Lebenswerk. Denn bis dahin wechselten sich Erfolge mit häufigem Bruch und Rückschlägen ab; die Beharrlichkeit des Konstrukteurs, der sein ganzes Vermögen in die Fliegerei gesteckt hatte, triumphierte mit dieser weltweit gefeierten Pioniertat des ersten Streckenfluges über offenem Meer. Das für diese Leistung vom Verleger der Zeitung „Daily Mail“ ausgelobte Preisgeld über 1.000 Englische Pfund (das wären heute rund 110.000 €!) und der Ruhm waren die Basis des nun folgenden wirtschaftlichen Erfolges: In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg zählten die Typen aus der Fabrik Blériots zu den meistverkauften und erfolgreichsten Flugzeugen weltweit: allein der Typ XI wurde in zwei Hauptversionen über 800 mal gebaut, Lizenzen in mehrere Länder vergeben.
Auch markierte die Blériot XI in ihrer späteren zweisitzigen Ausführung den Beginn der militärischen Nutzung von Flugzeugen als Waffe. Neben Aufklärung und Kurierflügen waren es die italienische (1911/12) und die französische Armee (1914), welche mit diesem Typ erstmals Bombenabwürfe bzw. Bodenangriffe durchführten. Die anderen Nationen zeigten sich empört – und folgten alsbald nach. sb
Datenblatt Blériot XI:
Länge: 7,05 m
Spannweite: 7,81 m
Motor: Anzani 3 Zyl. Halbstern
Startgewicht: 320 kg
Geschwindigkeit: 74 km/h
Konnten wir Sie neugierig machen? Dann besuchen Sie uns doch einmal in der Ulmer Straße gegenüber dem hannoverschen Messegelände – wir freuen uns auf Sie!