Modell des Monats Januar 2025
Panzerknacker … Die Junkers Ju 87 G „Kanonenvogel“
Vom Original zum Modell
Ein eigenständiger Teil der Sammlungen des Luftfahrtmuseums Hannover-Laatzen sind die mehr als 1.000 Maßstabsmodelle, vornehmlich der internationalen Standards 1/72, 1/48 und 1/32.
Solche originalgetreuen Miniaturen ermöglichen Betrachtern musealer Technikgeschichte den „Überblick“, nicht allein auf das einzelne Exponat (mitunter sogar als einzige Möglichkeit der realen dreidimensionalen Schau, wenn es kein erhaltenes Original mehr gibt), sondern auch auf Entwicklungslinien des Flugzeugbaus durch hier mögliche Reihung und Gegenüberstellung. Manchmal schließen sie sogar Lücken in der Präsentation der Originale. Ihre kunsthandwerkliche Qualität allein ist ein Schauvergnügen.
Heute stellen wir Ihnen in unserer Reihe ´Modell des Monats´ unsere Miniaturen verschiedener Maßstäbe der letzten Version des „Stuka“ vor: den Panzerjäger der Ju 87 Version G, inoffiziell „Kanonenvogel“ benannt.
Die Modelle
Der älteste Bausatz einer solchen Version der Ju 87 kam nach unserer Erinnerung von der britischen Firma FROG Mitte der 1960er Jahre heraus, es folgten auf dem Markt Kits von Revell, Italeri, Hasegawa, Trumpeter und anderen Herstellern in allen Versionen und gängigen Maßstäben von 1/24 bis 1/144.
Unser Museum zeigt neben den Ausführungen A, B und D den Panzerjäger der Version G in 1/72 und mit einer Spannweite von gut 60 cm auch im Maßstab 1/24 in seinen Vitrinen der Halle 2. Ein Großmodell der Ausgangsversion D in 1/8 vervollständigt die Exponate des Typs.
Das Original
Im Versuch, die zahlenmäßige Überlegenheit der Sowjetarmee bei Kampfpanzern und -fahrzeugen aufzufangen, entstanden ab der Kriegswende 1943 auf deutscher Seite mehrere Entwürfe von Erdkampfflugzeugen bereits existierender oder auch neu konstruierter Typen mit großkalibrigen Maschinenkanonen vom Kaliber 30 bis 75 mm, insbesondere der langläufigen Flak 18 BK vom Kaliber 37 mm.
Defensive
Das hierbei erfolgreichste Flugzeug wurde die zu dieser Zeit der strategischen Defensive bereits vornehmlich als Erdkämpfer genutzte Junkers Ju 87, welche in den ersten Kriegsjahren in den Baureihen A und B als „Stuka“ mit punktgenauen Bombenangriffen gegen Bunker, Brücken, Flakstellungen, Schiffe und Logistikzentren wesentlich zu den Erfolgen der Wehrmacht in Polen, im Westfeldzug und auf dem Balkan beigetragen hatte, und nun in der Version D als erprobtes Waffensystem zur Verfügung stand.
Zwar benötigte der recht langsame und verwundbare Typ Jagdschutz, konnte aber dann mit geringem Aufwand erhebliche Erfolge erzielen. Und im Vergleich zum Erdboden war der Himmel über der Sowjetunion für die Wehrmacht zu jener Zeit immer noch ein einigermaßen sicherer Raum.
Einfacher Umbau
Schließlich war der Umbau der Versionen D-1, D-3 und D-5 zur G-1 und G-2 recht einfach – die Sturzflugbremsen, das Bombengeschirr mit Abweisergabel, die Tragflächenbewaffnung wurde aus- und abgebaut, unter jede Fläche wurde eine 37 mm BK (eine abgeänderte Flak 18 MK) mittels eines Trägers und mit 6, später 12 Schuss je Waffe angehängt.
425 kg je Waffe und der zusätzliche Luftwiderstand machten die Maschinen zwar noch einmal behäbiger zu fliegen, aber der Erfolg ab dem Spätsommer 1943 übertraf die Erwartungen…
Von den insgesamt rund 5.800 gefertigten Ju 87 wurden lediglich gut 200 so umgebaut als G-1 – und mit vergrößerter Spannweite der D-5 – als G-2 eingesetzt.
Hervorragende Waffe
Diese zerstörten im Rückzug der letzten anderthalb Kriegsjahre Tausende von sowjetrussischen Panzern und Kampffahrzeugen, ganze Panzerzüge und sogar Landungsboote. Aus der Notlösung war unter einer spezifischen militärhistorischen Situation eine hervorragende Waffe entstanden.
Welche spezifische militärhistorische Situation aber war das? Zwei totalitäre Systeme mit vollständig entwickelter industrieller Produktion in einem Vernichtungskrieg, bei denen eine Seite eine höhere technische Qualität, die andere eine hohe zahlenmäßige Überlegenheit einbrachte; große geografische Räume und rücksichtsloser Einsatz ergaben in der Summe massive Erfolgs- und Verlustzahlen.
Exakt diese Bedingungen führten parallel auch zu den höchsten jemals erreichten Abschusszahlen von Jagdfliegern – Erich Hartmann mit 352, Gerhard Barkhorn mit 301, Günther Rall mit 275, Otto Kittel mit 267, Walter Novotny mit 258 bestätigten Luftsiegen…
Ein Wort am Rande. Die moralische Dimension eines jeden Krieges steht nicht im Fokus eines technikhistorischen Museums. Und ist ein weites Feld: „Vom moralischen Standpunkt kann man keine Weltgeschichte schreiben“, so ein universelles Goethe-Wort. Das Gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt ist stets ein persönliches, der Anspruch eines Museums sollte stets objektiv sein.
Hereinspaziert!
Konnten wir Sie neugierig machen? Dann besuchen Sie uns im Luftfahrtmuseum – über 40 Sport-, Schul-, Passagier- und Jagdflugzeuge, Hubschrauber und Segelflugzeuge im Original und originalgetreuen Nachbau, eine große Motoren- und Turbinenabteilung und gut 1.000 Maßstabsmodelle warten auf Sie!
sb
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