logo3

Schattendasein…

Die Heinkel He 112

Vom Original zum Modell

Ein eigenständiger Teil der Sammlungen des Luftfahrtmuseums Hannover-Laatzen sind die mehr als 1.000 Maßstabsmodelle, vornehmlich der internationalen Standards 1/72, 1/48 und 1/32.

Solche originalgetreuen Miniaturen ermöglichen Betrachtern musealer Technikgeschichte den „Überblick“, nicht allein auf das einzelne Exponat (mitunter sogar als einzige Möglichkeit der realen dreidimensionalen Schau, wenn es kein erhaltenes Original mehr gibt), sondern auch auf Entwicklungslinien des Flugzeugbaus durch hier mögliche Reihung und Gegenüberstellung. Manchmal schließen sie sogar Lücken in der Präsentation der Originale. Ihre kunsthandwerkliche Qualität allein ist ein Schauvergnügen.

Heute stellen wir Ihnen in unserer Reihe ´Modell des Monats´ den schönen Bausatz eines seltenen Flugzeuges vor: Die Heinkel He 112 B0/ B1 von Heller. Die derzeit gerade einmal wiederbelebte französische Traditionsfirma (wir sahen vor kurzem neueditierte gute alte Bausätze im Hobbyshop unseres Vertrauens) hatte diesen Kit Ende der 1970er Jahre herausgebracht – eine so bemerkens- wie dankenswerte Neigung zur Originalität und Nische im Portfolio. Denn vom Vorbild gab es gerade mal 83 Stück und deren Einsatzgeschichte war überschaubar.

Die Heinkel He 112 im Maßstab 1/72. Ein 33teiliger Bausatz  + Schiebebildersatz von Heller.

Das Modell:            Handwerkskunst

Fein detailliert und passgenau, angenehm zu bauen, schön anzusehen – und zwei interessante Versionen zur Wahl… Handwerkskunst aus Frankreichs Hauptstadt. Wir waren jung angetan von dieser Qualität und sind es heute noch. Unser Luftfahrtmuseum zeigt eine He 112 der Legion Condor, eine rumänische Maschine und eine der deutschen Luftwaffe in seinen Modellvitrinen des Maßstabes 1/72.

Das Original:          Unter Wert

Das von den Ernst Heinkel Flugzeugwerken unter Leitung ihres Technischen Direktors Heinrich Hertel konstruierte einsitzige und einmotorige Muster 112 wurde im Auswahlverfahren zum neuen Standardjäger der deutschen Luftwaffe 1937… hinter der Messerschmitt Bf 109 nur Zweiter.

Schlecht, sehr schlecht für Heinkel. Denn das Reichsluftfahrtministerium hatte sich im Vorfeld auf nur ein Muster festgelegt, aber die He 112 war doch so gut, dass sie aus Gründen der nationalen Sicherheit nur einen minimalen Exportkorridor bekam: Zwickmühle; viel Arbeit und Entwicklungskosten in der Sackgasse…

Konkurrenten zum Standardjäger der Luftwaffe 1937: Die Messerschmitt C1 hier in Markierungen der Legion Condor – ebenfalls ein Heller-Modell.

Teures Baby

Der kleine und elegante Ganzmetalltiefdecker mit Junkers-12 Zylinder-Reihenmotor Jumo 210 und 360°-Vollsichthaube zeigte im Tragwerk seine konstruktive Herkunft: Rumpfform, Tragfläche und Einziehfahrwerk waren jenen Baugruppen der He 70 nachempfunden; das von den Günther-Zwillingen im Heinkel-Team entworfene, seinerzeit schnellste Verkehrsflugzeug der Welt hatte sichtbar diesem schnittigen Jäger Pate gestanden.

Flugtechnisch mit der 109 auf Augenhöhe, dabei stärker bewaffnet und von vielen Piloten als das elegantere und aerodynamisch ausgefeiltere Flugzeug angesehen, war die Heinkel im Serienbau aufwendiger als die im Leichtbau ausgeführte Messerschmitt. Wohl dies, dazu ein Flugunfall des Musters in der Erprobung und die gegenseitige politische Antipathie zwischen Ernst Heinkel und den Nationalsozialisten bescherte der He 112 in der Folge ein Schattendasein unter Wert.

Erfolgreich im spanischen Bürgerkrieg eingesetzt und erprobt, erwarben die Nationalspanier 19 Exemplare, Japan und Rumänien als Verbündete Deutschlands jeweils 30 Maschinen. Ungarn war nach Kauf von drei Exemplaren an der Lizenzfertigung interessiert, doch einmal mehr kam ein Veto vom RLM. Gleichfalls verliefen die Kaufverhandlungen mit der Schweiz und Jugoslawien im Sande. So wurde das Muster wirtschaftlich für Heinkel zum Fehlschlag.

Fließende Linien in einem anspruchsvollen Design und die wegweisende Vollsichthaube zeichneten die leistungsstarke He 112 aus. Doch der erhoffte Großauftrag des RLM blieb aus…

Fußnoten

Und während die fraglos brillante Messerschmitt Bf 109 zum meistgebauten und nach Luftsiegen erfolgreichsten Kolbenjagdflugzeug der Welt wurde, belegten die Handvoll He 112 der rumänischen Luftwaffe im Kriegseinsatz gegen die Sowjetunion zwar die Qualität dieses Musters, doch reichte das lediglich für eine Fußnote in der Luftfahrtgeschichte.

Zum einzigen und sehr kurzzeitigen Einsatz bei der deutschen Luftwaffe war der Typ zuvor in der Sudetenkrise 1938 gekommen. In der Mobilisierung wurden auch die für den Export vorgesehenen Exemplare der He 112 eingezogen. Eine solche Maschine des Jagdgeschwaders 132 stellt unser Modell dar.

Auch in der Unteransicht offenbart sich die konstruktive Herleitung aus der He 70 ´Blitz´.

Nachsatz: Übrigens zeigte auch die britische Spitfire deutlich eine konstruktive Wahrnehmung der tiefen und elliptischen Tragflächenform der He 70 (im Tausch gegen einen Rolls Royce-Flugmotor hatten die Briten ein Exemplar erhalten und umfassend getestet). Wäre die He 112 zum deutschen Standardjäger geworden, hätte es im Luftkrieg zwischen D und GB mit Sicherheit auf beiden Seiten häufige Verwechslungen aufgrund der ähnlichen Flügelsilhouette gegeben…

Datenblatt der Heinkel He 112 B1

Besatzung: 1, Länge: 9,30 m, Spannweite: 9,10 m, Startgewicht: 2.250 kg, Antrieb: 1 x Jumo 210 Ea mit 680 PS, max. Geschwindigkeit: 485 km/h, Reichweite: bis 1.000 km, Bewaffnung: 2 x MG 17 7,9 mm, 2 x MG FF 20 mm

Im Tarnschema der Luftwaffe zur Sudetenkrise 1938. Dominant das große Höhenruder der Konstruktion.

Hereinspaziert!

Konnten wir Sie neugierig machen? Dann besuchen Sie uns im Luftfahrtmuseum – über 40 Sport-, Schul-, Passagier- und Jagdflugzeuge, Hubschrauber und Segelflugzeuge im Original und originalgetreuen Nachbau, eine große Motoren- und Turbinenabteilung, und gut 1.000 Maßstabsmodelle warten auf Sie!                               

sb


Kontakt zum Autor der Modell-des-Monats-Reihe können Sie hier aufnehmen: Autor-MdM